@Kimster:
Oskar bezieht sich ursprünglich auch auf germanische Götter, nicht auf den christlichen. Das ist auch alles eher sehr weit gedacht – ich würde einem Atheist auch nicht von den Namen abraten.
Zu Kategorie 4a:
Ich persönlich finde es seltsam einen theophoren Namen zu verwenden, wenn man ungläubig ist, bzw. sich das theophore Element auf einen Gott bezieht, an den man nicht glaubt. Es gibt natürlich auch Leute, denen die Namensbedeutung völlig egal ist – das ist halt so.
Zu Kategorie 4b:
Eindeutig zugeordnete Namen fände ich seltsam zu vergeben. Noah und Andreas sind wahrscheinlich keine guten Beispiele. Mose, Paulus oder Petrus würden es wohl eher treffen. Wenn ein Atheist oder sonst wer sein Kind Paul, Peter oder Jonas nennen möchte, ist mir das herzlich egal - Petrus oder Paulus fände ich schon ziemlich seltsam. Ich könnte mir auch vorstellen, als Christ einen arabischen Namen wie Samira zu vergeben – wenn er mir denn gefallen würde. Oder eben Oskar, der sich ursprünglich auf germanische Gottheiten bezieht – es wird immerhin nur die allgemeine Bezeichnung „Gott“ verwendet.
Zu Kategorie 5a:
Auf diese Kategorie bin ich nur gekommen, weil ich mal mitbekommen habe, dass Leute ihre Tochter Freyja nannten. Fand ich ziemlich seltsam. Bei Diana und Helena war es mir nie so präsent, da ich mir aber im Zusammenhang mit Freyja meinen Teil gedacht habe, dachte ich, ich bin konsequent. Ich würde nicht den Name einer Gottheit vergeben, das empfinde ich als respektlos. Ich könnte zwar als Christ sagen, dass das alles eh nur Götzen sind, die nicht existieren, aber irgendwie finde ich es unpassend.
Zu Kategorie 5b:
Jesus fällt für mich allerdings in die Kategorie „zu fromm“. Prinzipiell finde ich es nicht schlimm, den Namen zu vergeben. Zwar sehe ich Jesus Christus als Teil des dreieinigen Gottes – er ist also Gott für mich – aber Jesus ist nur der weltliche Name. Ein damals sehr häufiger Name, der in der Bibel mehrfach für andere Personen verwendet wird: Josua (in der griechischen Übersetzung des AT heißt er Iesous) und diverse Jeschua. Ob Immanuel als Name existiert hat, weiß ich nicht, da es allerdings von Prinzip her ein theophorer Satzname ist, wie er häufig verwendet wurde, sehe ich kein Problem mit der Vergabe. Ich weiß allerdings auch, dass einige Christen das anders sehen.
Zu Kategorie 6:
Mit Fantasy-Namen kenne ich mich nicht aus, weil ich mich nie für Fantasy interessiert habe – die Beispiele oben stammen aus einer Plauderecken suche. Ähnlich wie bei der Kategorie „zu fremd“ käme es mir hier darauf an, ob es nach einem Namen klingt oder nicht. Hat der Name eine gewisse Melodie und ist leicht zu lesen und merken, könnte ich es mir durchaus vorstellen – wenn er zum Nachnamen passt. Hat man keine Idee, wie der Name zu lesen, bzw. schreiben ist, klingt er ausgedacht und ist er – obwohl schön – einfach zu kompliziert, um ihn sich zu merken, würde ich davon Abstand nehmen. In die Kategorie „zu fremd“ würde für manche Leute beispielsweise auch Laíz zählen, den halte ich aber trotzdem auch als Rufname für gut vergebbar, weil man ihn einfach lesen kann. Schwierigkeiten wären halt der Akzent und das Z, das wie ß gesprochen wird. Jacinto – was man ʒaˈsı̃j.tu („Schaßijtu“) spricht, wäre mir einfach zu kompliziert. – Wie gesagt, mit Fantasy-Namen kenne ich mich nicht aus, aber da wird es sich wohl ähnlich verhalten.
Zu Kategorie 7:
Generell bin ich ein Fan von eher längeren Namen (3-4 Silben), die kann man zur Not immer noch abkürzen. Wobei ich das nicht einmal notwendig finde. Ich habe einen Namen ähnlich wie Franziska, der zu einer Standardabkürzung wie Franzi einlädt – ich habe ich immer dagegen gewehrt und ich werde auch immer mit meinem vollen Namen angeredet. So würde ich auch meinen Sohn zunächst konsequent Benjamin nennen – wenn er sich dann irgendwann selber so entscheidet und mich darum bittet, würde ich auch auf Ben umsteigen.
Generell sind Namen, die auf I enden – auch wenn es keine Spitznamen sind – oft sehr niedlich. Da ist immer die Frage, ob das nur für ein kleines Mädchen passt. Ich bin mit einer Leni (die eigentlich Franziska hieß) zur Schule gegangen. Die war gerade als Teenagerin alles andere als süß, gehörte eher zu den coolsten der Stufe. Trotzdem würde ich solche Namen umgehen. In einer anderen PE hier kam mal der Name Noemi auf. Das ist ein voller Name, trotzdem bevorzuge ich die Variante Naemi, weil sie etwas härter und damit weniger niedlich klingt. Man muss darauf achten, dass der Name irgendwie noch vollständig klingt. Ben wäre mir als Name schlicht zu kurz, klingt aber mehr nach einem Namen als Anni – habe tatsächlich kürzlich ein Mädchen kennengelernt, das so heißt.
Ich habe mal gelesen, dass (in den USA und England) Männer im Vorstand sich oft mit der (einsilbigen) Kurzform ihres Namens nennen, um freundlicher, offener und näher an den Angestellten zu wirken: Stan, Ben, Chris, Steve. Hätte ich so auch nicht gedacht.
Ich denke allerdings auch, dass gerade wenn Frauennamen verniedlicht werden, die Seriosität sehr darunter leidet. Lotte und Lotta gehen wohl noch, Namen wie Franzi, Leni, Jojo, etc. wirken dann allerdings eher kindlich.
Ich stimme dir, Zauberstern, zu, dass der „Kevinismus“ in Foren wie diesen extrem weitgefasst ist – generell die schubladenhafte Einordnung von Namen. Auf das Thema der PE kam ich auch, weil ich einige Male den Eindruck hatte, dass es hier nur die Kategorien „zu Kevin“, „zu fromm“, „zu alt“, „zu häufig“ und den Namen Linnea gibt. Ich merke an mir selber – auch wenn ich es nicht toll finde –, dass ich bei manchen Namen auch „ach du Scheiße“ denke, auch, wenn ich der Person damit kein niedriges Bildungsniveau unterstelle. Es ist halt ein brisantes Thema.
Was diese SmartGenius-Statistik angeht: Ich fand es ziemlich interessant, als ich darauf gestoßen bin. Der Name Simeon ist dort extrem schlecht einsortiert, was mein Gefühl mir nicht sagen würde, andere Namen, bei denen ich mir denke: „Wer zum Teufel gibt seinem Kind so einen Namen?“ überdurchschnittlich gut (Yoice und Yoffi bei 134). Ich würde das alles nicht als feste Wahrheit ansehen, aber ich finde es spannend anzugucken.
Ich könnte mir aber tatsächlich vorstellen, dass die Generation Lehrer, die gerade im Studium ist, die letzte ist, die „Dschastins“ als Problemfälle einstuft. Das ist ja ungefähr meine Generation und wir sind sozusagen mit dem Kevinismus aufgewachsen – Stichwort Alpha-Kevin. Es wurde uns ja praktisch eingetrichtert. Da aber immer ausgefallenere Namen vergeben werden könnte die nächste Generation „Dschastin“ schon als völlig normal ansehen. Bis allerdings die gerade heranwachsende Lehrergeneration in Rente geht, dauert es noch eine Weile.
Im echten Leben hingegen kommt es mir so vor, als ob diese „Kevin-Namen“ mittlerweile von den Akademikern angenommen werden – mir sind im letzten Jahr zwei Ehepaare aus akademischem Hintergrund begegnet, alle vier Eltern und fast alle Großeltern studiert – die ihren Kindern Namen aus dieser Schwarte gegeben haben. Von den drei Namen habe ich mich mittlerweile an zwei gewöhnt, nur Lennox mag ich einfach nicht – ist aber eher der Name als die Schublade.
Außerdem habe ich das Gefühl, dass die „normal bekannt aber seltenen“ Namen kaum noch vergeben werden (Rebekka, Tabea, Justus), dafür entweder die Top 20 ausgereizt werden oder extrem seltene, außergewöhnliche, oftmals zu buchstabierende Namen vergeben werden, damit das Kind bloß keinem Namensvetter begegnet. Und in diesem Forum scheint es beliebt zu sein, normale Namen außergewöhnlich zu schreiben, am liebsten mit Y: Kylian, Emilya, Yonas, … Wobei man zu den Top Namen noch anmerken muss, dass Platz 1 in der Regel bei 3% liegt, sprich: In einer Jahrgangsstufe von 100 Leuten finden sich 3 Kinder, die beispielsweise Mia heißen. Vor 20/30 Jahren waren das noch über 20%, dementsprechend sind auch die Top Namen gar nicht mehr so häufig wie früher einmal.
Was ich interessant fand, ist, das von Jan Weiler bezeichnete Phänomen des „Emilismus“. Also als Protest gegen den Kevinismus traditionelle Namen wie Ludwig oder Elfriede zu vergeben. Interessant finde ich eine Studie von Psychologiestudenten der Uni Heidelberg, die herausgefunden haben, dass die soziale Unterschicht und die Akademiker Namen nach denselben Kriterien auswählen, die Mittelschicht nach etwas anderen. Dabei haben sie auch festgestellt, dass für Jungen häufiger bekannte Namen mit einfacher Schreibweise vergeben werden (Stabilität, Bodenständigkeit), Mädchen eher ausgefallene Schreibvarianten (melodisch, attraktiv).
Was übrigens den Seltenheitswert eines Namens angeht: Mein Rufname ist relativ normal. Ich hatte bislang mit 3 Namensvettern engeren Kontakt (eine in der Schule, zwei im Studium) – hat mich nie gestört. Ich fand’s eher gut. Mit meinem ZN habe ich bislang nur 2 andere „kennengelernt“, ohne, dass ich wirklichen Kontakt mit ihnen hätte. Ich weiß eher, dass sie existieren. In der Kombination habe ich noch nie jemanden getroffen und das macht meinen Namen einzigartig genug. Natürlich ist es Geschmackssache, aber für mich ist die Individualität eines Namens etwas, das man durch die Kombination aus EN und ZN erreicht (deshalb mag ich Jan Philipp und Hannah Marie nicht). Außerdem finde ich es sehr viel wichtiger, dass der Charakter das Kind einzigartig macht, nicht der Name. Bei manchen Kommentaren unter so extrem abgefahrenen Vornamen (oder abstrusen Schreibweisen) hat man das Gefühl, dass die Eltern nur den Namen als Alleinstellungsmerkmal nehmen und darüber glatt den Charakter des Kindes vergessen – ich meine das jetzt nicht als Verallgemeinerung.
Generell finde ich es wichtig, bei der Namenswahl das Kind im Auge zu behalten und nicht sich selbst zu verwirklichen. Jemand, der unter seinem viel zu seltenen Vornamen gelitten hat, sollte sein Kind nicht zu Mia Nummer X machen, jemand, der unter seinem Platz-1-in-den-Charts-Name gelitten hat, muss sein Kind nicht mit „Taiwe“ zu ständigen Erklärungen und Buchstabiermarathons verdammen. Von manchen – nicht allen – Leuten hört man viel „Ich will, ich will, ich will“ und kein „Damit muss mein Kind den Rest seines Lebens leben“.
Zudem finde ich etwas Anonymität im Internetzeitalter durchaus wertvoll. Ich studiere mit einem jungen Mann, der einen friesischen Namen trägt. Man hat ihn zwar noch nie gehört, aber er klingt nach etwas und wirkt nicht seltsam. Eine gemeinsame Freundin wollte wissen, woher der Name kommt und hat ihn gegooglet – nur den Vorname. Direkt der erste Vorschlag war ein Zeitungsartikel über eben jenen Kommilitone. – Ich persönlich bin froh, dass man mich nicht so schnell findet …