Mit Kindern über Holocaust reden?

Gast

Hallo ihr,ich hab eine Frage:Ab welchem Alter habt ihr angefangen,mit euren Kindern über den Holocaust zu sprechen?Ich hab sehr viele Bücher zu diesem Thema zu Hause und es ist nur eine Frage der Zeit,bis die Kinder diese entdecken,also denke ich mir,ich sollte vielleicht mit ihnen darüber sprechen.Wie habt ihr das bei euren Kindern gemacht?
Über Antworten wäre ich sehr dankbar!
Liebe Grüße,Noelle

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Gast

Doch, das interessiert schon, genauso wie es interessiert, welche unglaublichen Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern heute noch geschehen. Nur, der Unterschied ist, dass sie nicht unmittelbar durch uns oder unsere Vorfahren verursacht wurden.
Wobei wir - z.B. durch Waffenlieferungen in solche Staaten- durchaus auch eine mittelbare Schuld haben mögen, über die wir reden müssten.
Aber das war hier ja nicht das Thema, sondern speziell der Holokaust, wobei ich allein schon die Frage "wann redet ihr mit eueren Kindern über den Holokaust" auch schon sehr verkrampft finde.
Es gibt einfach Gewalt und Grausamkeit in unserer Welt, und über die müssen wir auch angemessen mit unseren Kindern reden.

Gast

An den unterschiedlichen Reaktionen hier merke ich, dass wir Deutsche auch jetzt noch ein eher verkrampftes Verhältnis zu unserer Vergangenheit haben, deswegen finde ich, dass „sowas“ hier schon hingehört, zumindest genau so wie alle anderen Fragen auch, und deshalb werde ich jetzt mal etwas ausführlicher:

@@Fauch von 15:28 Uhr : Du musst mir nicht glauben, aber bei uns war das so. Es kann ja durchaus in unterschiedlichen Umgebungen jeweils anders gewesen sein. Ich muss dazu vielleicht erwähnen, dass meine Schwester 10 Jahre älter ist als ich (1939 geboren), die hat auch Fragen gestellt, die ihr (meist von meiner Mutter, die zuhause war) beantwortet wurden, was ich dann mitbekam. Ab und zu bekamen wir auch mal Besuch aus dem Heimatort meiner Mutter, der dann erwähnte, dieser oder jener sei im Krieg gefallen, dieser oder jener sei ins KZ gekommen. Ich weiß gar nicht mehr, in welchem Alter ich erfahren habe, was ein KZ war, da muss ich jedenfalls noch ziemlich klein gewesen sein, bestimmt nicht älter als 6, oder sogar noch jünger. Einige Zeit wurden meine Eltern auch von einem Ehepaar, das den Zeugen Jehovas angehörte, besucht (erfolglos, was den Glauben anbelangte), wobei der Mann erwähnt hat, dass er wegen seines Glaubens auch im KZ war (da war ich 6). Kurz darauf sind wir umgezogen, weil mein Vater bei der Bundeswehr war, und in eine andere Stadt versetzt wurde. Das war 1956. Er war schon 1927 in das 100.000-Mann-Heer gekommen,also vor Hitlers Machtergreifung. Dass er bei der Bundeswehr wieder aufgenommen wurde, war nicht so einfach, denn alle Berufssoldaten wurden überprüft, ob sie sich an den Naziverbrechen beteiligt hatten, und nur die, bei denen das nicht der Fall war, wurden nach dem Krieg wieder als Berufssoldaten aufgenommen.Vielleicht war deshalb gerade in diesen Familien das Thema präsenter als in anderen.
Wir wohnten dann in einer Wohnanlage, in der nur Staatsbedienstete lebten, überwiegend andere Bundeswehrler, mit deren Kindern ich natürlich spielte. Der Holocaust bzw. die Hitler-Zeit war bei uns Kindern zwar selten ein Thema, wurde aber doch gelegentlich in unseren Gesprächen gestreift.
Einmal haben wir z.B. mit Ziegelsteinscherben aufs Pflaster gemalt, und dabei ist ein Hakenkreuz entstanden. Eines der Mädchen sagte, das darf man nicht malen, da kommt man ins Gefängnis, wischt es schnell wieder weg....worauf die übrigen Kindern mit Unglauben reagierten. „Doch, ganz bestimmt, mein Onkel hat mal sowas gemalt, daher weiß ich das.“ Später habe ich dann meine Mutter gefragt, die mir die Zusammenhänge erklärt hat. In der Nähe unsere Wohnanlage gab es ein aufgelassenes Baustofflager, das dann langsam zur Ruine wurde, und später abgerissen. Das nannten wir immer „das KZ“, denn es vermittelte und irgendwie so eine traurige Stimmung. Außerdem war es verboten, man durfte dort eigentlich nicht spielen. Meine Mutter hat mir auch erzählt, dass einige ihrer Freundinnen Juden waren, und noch rechtzeitig fliehen konnten. Und die Mutter meiner besten Freundin, eine gebürtige Polin, (sie ist erst nach dem Krieg durch ihre Heirat nach Deutschland gekommen) hat uns erzählt, dass einige ihrer Schulkameradinnen ins KZ gekommen und dann ermordet worden sind . Das meiste weiß ich aber von meiner Mutter, und später von meinen Lehrern. Unser Klassenlehrer hat in der 4. Grundschulklasse das Thema mal aufgegriffen.
Und auch in der 1. Klasse des Gymnasiums hat unsere Deutschlehrerin darüber gesprochen. Später, in der Mittelstufe des Gymnasiums, hatten wir das Thema dann in Geschichte.
@Noelle: Ich bin ziemlich sicher, dass Deine Kinder das alles auch wissen. Sie können es eigentlich gar nicht überhören, wenn sie die Nachrichten anhören. Dass Du nicht weißt, ob sie etwas wissen, könnte das vielleicht daran liegen, dass Dir das Thema – aus welchen Gründen auch immer – vielleicht unangenehm ist, und sie das irgendwie mitkriegen? Nur so eine Frage. So war es nämlich bei meinem Vater – merkwürdigerweise habe ich ihn nie etwas dazu gefragt, weil ich bei ihm irgendwie so eine Blockade spürte.
Wenn ich was über die Nazi-Zeit wissen wollte, habe immer nur meine Mutter gefragt, die mir versichert hat, mein Vater sei kein Nazi gewesen, und hätte keine Juden umgebracht, aber ihn selber habe ich einfach nie fragen können.

@Eva: Die Frage von „sowas“ finde ich insofern berechtigt, als wir bei dem Thema „Atomkraftwerk“ keine so merkwürdige Blockade haben, mit unseren Kindern darüber zu reden.
Und das, obwohl Atomkraftwerke - weil durch sie sehr viele Menschen getötet werden können - ebenso unsere volle Aufmerksamkeit und Verantwortung erfordern würden. Diese Verantwortung verdrängen wir heute genauso durch Wegsehen und Resignation, wie unsere Vorfahren in der Nazi-zeit weggesehen und resigniert haben. Der Unterschied besteht darin, dass durch den Betrieb von Atomkraftwerken keine unmittelbaren sadistischen Handlungen wie bei den Nazis geschehen. Aber wegen der Auswirkungen auf unsere Nachkommen, müssen wir genauso viel Verantwortungsgefühl aufbringen, wie wir heute so gerne von unseren Vorfahren bezüglich der Nazis verlangen. Vielleicht werden uns unsere Nachkommen auch einmal fragen „wie konntet ihr das nur dulden?“.

Gast

@also sowas:
Bist du depp?! Du kannst Fukushima doch nicht mit dem Holocaust vergleichen! (vom Altertum und dem Kaiser von China fangen wir mal gar nicht erst an). Erstens ist der Unfall von Fukushima nicht absichtlich herbeigeführt worden ("Unfall" sagt's ja schon), und zweitens nicht von deutschen! Der Holocaust war Deutschland, ist es für Leute in vielen Ländern immer noch, und wenn wir uns mit Stolz "Deutsche" nennen wollen, müssen wir auch wissen, dass unser Land vor noch nicht mal 100 Jahren für die schlimmste Menschheitskatastrophe aller Zeiten verantwortlich war! Ich sag mal, wir sind verpflichtet, das unseren Kindern klar zu machen!
Ich sehe 3 Möglichkeiten: Du willst uns hier nur ärgern, du hast dich noch nicht wirklich mit dem Thema beschäftigt, oder du warst früher Nazi-Fan und willst es jetzt runterspielen. Ich vermute mal eine Kombi aus den ersten 2.

@Noelle:
Wär ganz hilfreich, wenn wir wüssten, wie alt deine Kinder sind. Naja ich denke, mit ca. 12 sollte man die grundlegenden Dinge wissen, aber noch keine Details und nur die Bilder, die noch so gehen, mit ca. 14 sollte man es schon genauer lernen, und 15 ist das richtige Alter, um in die Details zu gehen. Ich bin 15 und in der 10ten und das Thema interessiert mich gerade brennend. :) Wir fangen eigentlich grad richtig damit an, aber wir haben es immer mal wieder durchgenommen, besonders ausführlich in der 8ten (glaub ich). Daheim brauchte nur jemand "KZ" zu sagen und ich fing an zu heulen, ohne scheiß. :D In der Schule hatte ich Angst, dass ich vor der Klasse anfange, denen hat es anscheinend nicht so viel ausgemacht. Tja, haben halt kein Herz. ;D
Deine Kinder werden es schon in der Schule lernen, aber rede trotzdem ein bisschen mit ihnen, aber nerv sie auch nicht damit. Wenn sie Fragen haben, beantworte sie und du kannst ja mal erwähnen, dass du Bücher darüber hast. Wenn es sie interessiert, werden sie von selbst fragen. Ich weiß auch nicht wie kinderfreundlich die Bücher sind, aber das wirst du ja selbst wissen. Ansonsten gebe ich "Fauch - die Echte" völlig recht.

LG, Eva :)

Gast

Also meine Mutter wurde Mitte der 50er Jahre geboren, als sie aufwuchs hörte sie aber praktisch nichts davon, auch in der Schule hat sie nie etwas über Judenverfolgung, KZ's Hitler oder den 2. Weltkrieg gehört. Das wurde damals totgeschwiegen, die Leute waren viel zu sehr damit beschäftigt, selbst mit dem, was da passiert ist klar zu kommen und alles aufzuarbeiten. Da hat man nicht so sorglos beim sonntäglichen Kaffeeklatsch darüber geredet, wie du es darstellst.

Gast

Ich glaube du hast zu viel von deinen Büchern gelesen!

Gast

Da hast du wahrscheinlich recht. Wer ist schon ständig "vollkommen reif". Die meisten wahrscheinlich nicht mal mit 100.
Die Sonne scheint ja immer nur von 3 Seiten auf die Äpfel.

Tschüß
dein Fauch

Gast

Wer so schön fauchen kann wie du, anderes Fauch, darf meinen Nick gerne behalten. Ich möchte sowieso wieder rausgehen. Wollte nur noch mitkriegen, wie die Stimmung hier so ist.

Zum Thema: In meiner Kindheit kurz nach dem Krieg in den 50ern war das alles noch so sehr in aller Munde, dass wir Kinder das irgendwie automatisch mitgekriegt - sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen - haben. Wenn wir Näheres wissen wollten, brauchten wir nur den Gesprächen der Erwachsenen zuzuhören, und wenn wir etwas noch genauer wissen wollten, später unsere Eltern fragen.
Ganz so einfach ist es heute vielleicht nicht mehr, aber es gibt noch genug Radio und Fernsehsendungen, in denen darüber berichtet wird, aktuell vielleicht aufgrund der Neo-Nazi-Diskussionen.
Ich denke, die Kinder bekommen das auch heute noch irgendwie sowieso mit, und wenn nicht, werden sie Euch sicher von selbst fragen.
LG
das Urfauch

Gast

Das kommt darauf an, wie sie das Thema mit euch angegangen ist, ob sie dabei auch auf euch, eure Fragen und Sorgen eingegangen ist, und wie deine Klassenkameraden und du es verarbeitet habt.

Gast

Unsere lehrerin hat mit uns in der3.klasse Anne frank gelesen und auch über holocaust gesprochen.war das zu früh???

Gast

Also ich glaube es reicht, mit ihnen darüber zu reden, wenn sie auch in der Schule an das Thema herangeführt werden. Dann kann man es zu Hause nochmal in Ruhe, ohne Klassenkameraden weiter besprechen und vertiefen.

Natürlich kommt es auch darauf an, wie alt deine Kinder jetzt sind. Solltest du wirklich soo viele Bücher darüber haben, dass du glaubst, sie entdecken die Bücher und damit das Thema schon früher, würde ich auf jeden Fall altersgerecht an die Sache herangehen. Ein beispielsweise 5 jähriges Kind fängt mit vielen Details und grausigen Fotos nichts an, davon wird es nur verunsichert und verschreckt. Einem 10, 11 jährigen Kind kann man (natürlich auch dann noch behutsam) schon etwas mehr erzählen. Dennoch muss es auch in diesem Alter noch nicht alles sehen.
Das hat dann auch nichts damit zu tun, dass man Kinder anlügt, oder ihnen etwas verschweigen möchte, es geht einfach nur um die Anpassung der Fakten an das Alter und den geisitgen Zustand des Kindes. Je kleiner das Kind, desto allgemeiner, da es mit geschichtlichen Hintergründen einfach nichts anfangen kann. Kinder leben im Hier und Jetzt, die wissen nicht, wie die Welt vor 50, 60 Jahren ausgesehen hat, wie Menschen damals gedacht haben, und es interessiert sie jetzt auch noch nicht. Je älter das Kind wird, desto mehr kann man auch langsam erzählen, aber immer(!!), auch bei kleinen Kinder, darauf achten, wie sie reagieren, wie sie das Erzählte verarbeiten, ob sie es verstehen oder damit überfordert sind. Lieber weniger sagen, und dem Kind mehr Zeit lassen, um alles zu verarbeiten, als gleich stundenlange Gespräche mit etlichen Bildern zu führen.

Gast

Wie alt sind denn deine Kinder?

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