...

Gast

"Mama, Mama, wach auf, wir müssen los!"
"Was ist los?" stöhnte ich und blinzelte mit den Augen.
Helles Sonnenlicht fiel durchs Fenster und blendete mich.
Mein Sohn Luca stand neben mir und schaute mich nervös an.
"Wir müssen los, guck mal, wie spät es schon ist!", sagte er.
Ich schaute auf meinen Wecker und erschrak.
9.40 Uhr! Um 10.00 Uhr hatte Luca sein 1. Fußballtunier. Doch dann stieg Freude in mir empor, mein Sohn, ein kleiner Fußballer. Plötzlich fiel mir etwas ein und durchbohrte wie spitze Eissplitter mein Herz.
Du hattest gesagt, Du wirst auch kommen und nichts könne dich davon abhalten, denn du wolltest deinen Sohn sehen.
Ich hatte mich vor 2 Jahren von Luca´s Vater getrennt, nachdem ich herausgefunden hatte, was er für ein untreues Arschloch war. Noch tief brannte der Schmerz in meiner Seele und hinderte mich daran, jemand Neues kennen zu lernen.
Damals hatte ich lange gebraucht, um Luca zu erklären, wieso wir uns getrennt hatten, doch ich schaffte es. Und plötzlich zeigte er nicht mal mehr Interesse an seinem Vater. Noch oft fragte ich ihn, ob er seinen Vater nicht mal sehen möchte, ich würde ihn nicht daran hindern. Doch jedes Mal hatte er den Kopf geschüttelt und verneint.
"Geh du deine Tasche packen, ich zieh mich an", sagte ich zu Luca und sprang aus dem Bett.
Er rannte in sein Zimmer und ich zog mich an.
Nach kurzer Zeit saßen wir beide gestresst aber fertig im Auto und waren auf dem Weg zum Sportplatz.
"Alles ok?", fragte Luca plötzlich und ich spürte seinen sorgenvollen Blick. "Wieso nicht?", fragte ich unsicher. "Ich weiß, dass etwas nicht stimmt. Sonst bist du nicht so nervös. Was ist los, Mama?" fragte er und mein Herz wurde mir weich. Er kannte mich besser als ich selbst..
"Er wird auch da sein, Luca.", flüsterte ich und sah ihn kurz an. Luca sagte nichts.
"Wieso?"
"Er will dich sehen und lässt sich nicht davon abbringen."
"Tja, dann sieht er mich halt. Aber ich gehe nicht zu ihm, auf keinen Fall.", sagte er ernst.
Irgendwie tat er mir Leid. So locker er auch tat, ich wusste, dass es ihm garantiert schwer fiel, sich andauernd entscheiden zu müssen. Getrennte Eltern sind nie etwas Schönes...
"Ich zwinge dich zu nichts, Schatz.", sagte ich und bog in die Straße, die zum Sportplatz führte.
Man konnte laute Musik vernehmen und rechts und links von uns gingen bereits viele Leute mit Fahnen und Trompeten Richtung Sportplatz.
Ich parkte ein.
Wir stiegen aus und Luca´s Ausdruck wurde wieder freudig. Ich spürte, dass er aufgeregt war.
"Du schaffst das schon. Und selbst wenn ihr verliert, was ich aber nicht glaube, ich werde immer stolz auf dich sein. Und dann gewinnt ihr eben nächstes Mal."
"Danke Mami." Er umarmte mich und rannte dann mit seiner Tasche zu ein paar Freunden, um den richtigen Treffpunkt zu finden.
Ich machte mich auf den Weg zu den Sitzplätzen. Plötzlich spürte ich einen brennenden Blick in meinem Nacken. Erschrocken drehte ich mich um. Da stand Er, nicht weit von mir. Und dann setzte er sich in Bewegung, wurde schneller, immer schneller. Eiskalte Angst und große Wut umklammerten mein Herz. Was sollte ich nun tun?

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