Ich vermisse meinen Sohn so sehr...

Hallo!

Ich bin Emilia (25) und seit drei Monaten Mutter der kleinen Jasmin Emilia. Jasmin war ein absolutes Wunschkind und ihr Papa und ich wollen im Dezember heiraten. Ich könnte so glücklich sein, aber seit Jasmins Geburt kommen immer wieder alte Gefühle hoch...

Als ich 17 war, wurde ich schwanger von meinem damaligen Freund. Ich war völlig geschockt und verzweifelt, aber nach und nach freundete ich mich mit dem Gedanken an und wollte das Baby behalten. Doch gegen Ende der Schwangerschaft begann mein Freund immer stärker, mich zu drängen, das Kind zur Adoption freizugeben. Er drohte und setzte mich extrem unter Druck. Meine Eltern hielten zwar zu mir, da mein Vater aber geschäftlich oft verreisen muss, waren sie oft nicht da. Gerade in den letzten vier Wochen meiner Schwangerschaft war ich allein zu Hause und stand stark unter dem Einfluss meines Freundes, der mich massiv drängte und emotional erpresste. Schließlich willigte ich ein, das Baby wegzugeben.

Am 14. November 2006 wurde dann mein Sohn Jakob geboren. Ich war 18 Jahre alt, volljährig, aber völlig überfordert. Gleich nach der Geburt brauchten sie Jakob in ein anderen Zimmer, damit ich ihn nicht sehen musste. In dieser Nacht ging ich aber in das Zimmer mit den Neugeborenen, um meinen Sohn zu sehen. Diesen einen Augenblick, in dem ich ihn im Arm hielt, werde ich nie vergessen. Es war der überwältigendste, berauschendste, wundervollste und zugleich schmerzlichste Augenblick in meinem ganzen Leben. Ich war überwältigt von diesem kleinen, zarten Wesen, von Jakobs winzigen Fingern und seinem Duft. In diesem Moment habe ich angefangen, ihn unwiderruflich zu lieben. Ich werde nie vergessen, wie meine Tränen auf seine Wangen getropft sind und seine Backe hinunterkullerten, so, als würde auch er des Abschieds wegen weinen.

Dass ich meinen Sohn danach wieder zurück in sein Bettchen gelegt habe, war der größte Fehler meines Lebens. Ich habe diese Entscheidung von der ersten Sekunde an bereut und ich hasse mich dafür, aber ich war zu schwach und labil, um mich gegen meinen Freund durchzusetzen. Ich habe es für ihn getan.

Das war das einzige Mal, dass ich meinen Engel gesehen habe, aber es hat gereicht: Er hatte mich.
Wenige Tage später kam er zu seinen Adoptiveltern.

Mein Freund hat mich im darauffolgenden Jahr mehrmals geschlagen und meine Eltern haben mich dazu ermutigt, mich von ihm zu trennen. Er ging dann nach Amerika und ich habe seither nie wieder etwas von ihm gehört.

Meine Eltern waren all die Zeit für mich da... Ich weiß, dass sie es auch bereuen, dass sie nicht da waren und mich vor diesem Fehler bewahrt haben. Aber ich bin ihnen nicht böse, im Gegenteil, ich liebe meine Eltern dafür, dass sie mich so nehmen, wie ich bin.

Ich habe dann langsam begonnen, meinen eigenen Weg zu gehen. Ich habe Jura studiert und das Studium vor einem Jahr gut abgeschlossen. Im Studium habe ich auch meinen jetzigen Freund kennengelernt. Er ist ganz anders als Jakobs Vater, er hört mir zu, versteht mich und ist für mich da. Vor einem Jahr haben wir uns dann dazu entschlossen, eine Familie zu gründen. Mein Freund arbeitet seit Kurzem als Anwalt und ich werde erst nach der Elternzeit ins Berufsleben starten. Ich wurde auch sofort schwanger und die Schwangerschaft war wunderschön. Aber als meine süße Jasmin geboren wurde, ich sie in meinen Armen hielt, kam alles wieder hoch. Ich war überwältigt vor Liebe, genau wie bei Jakob damals. Und jeden Tag, an dem ich meine Jasmin sehe, denke ich, dass ich das alles bei Jakob verpasst habe.

Ich habe meinen Sohn immer vermisst, aber seit ich meine Tochter habe, weiß ich erst, WIE dumm das war, was ich getan habe. Jasmin und Jakob sind meine Kinder, ich liebe sie. Wir gehören zusammen. Jasmin soll ihren Bruder kennenlernen und Jakob seine Schwester, denn Jakob ist genauso mein Kind wie Jasmin, und er hat genauso ein Recht, bei mir aufzuwachsen, wie Jasmin. Er wird sich sicher fragen, warum ich ihn weggegeben habe, und denken, dass ich ihn nicht genug liebte, aber das stimmt nicht... Ich liebe ihn so sehr, dass es weh tut.

Ich habe damals einen Brief für Jakob hinterlegt, und ich weiß, dass meine einzige Chance, ihn kennenzulernen, darin besteht, dass er mit 16 den Brief liest und Kontakt zu mir aufnimmt. Aber wenn er das nicht tut, werde ich ihn nie wieder sehen.

Bald wird er 7 Jahre alt. Ich denke jeden Tag an ihn und wünsche mir, dass er weiß, wie lieb ich ihn habe.

Ich bin so traurig und so verzweifelt. Gibt es hier jemanden, der auch ein Kind verloren hat? Der weiß, wie ich mich fühle?

Emilia und David mit Jasmin